Wenn man Japanisch lernt, wird man sich schon zu Beginn seines Studiums fragen, wie die Vokabel für „du“ lautet. Japanisch ist in dieser Hinsicht jedoch weitaus komplexer als andere Sprachen und auf einen Begriff für „du“ wird weitgehend verzichtet.
„Du“ ist in den meisten Sprachen eines der ersten Wörter, was auf der Vokabelliste steht. Auch in der japanischen Sprache gibt es viele Wörter für den Begriff „du“, allerdings muss man bei der Verwendung dieser einige Punkte beachten.
Abgesehen von der Tatsache, dass die Begriffe verschiedenen Arten der Höflichkeitsstufen zuzuordnen sind – ähnlich wie das deutsche „du“ und „Sie“ – liegt der entscheidende Unterschied zu anderen Sprachen aber darin, dass man diese Begriffe in der Praxis aber eigentlich überhaupt nicht verwendet.
Wobei du bei der Verwendung dieser Begriffe achten musst und wie du deinen japanischen Gegenüber besser ansprechen solltest, erfährst du in diesem Artikel.
Anata – der klassische Begriff für „du“
Da du gerade diesen Artikel liest und dich daher vermutlich schon das ein oder andere Mal mit der japanischen Sprache beschäftigt hast, sollte das Wort anata bestimmt schon ein Begriff für dich sein. Anata ist der neutralste Begriff für „du“ und steht in vielen Grammatikbüchern ganz oben auf der Vokabelliste.
Das Problem dabei: Anata wird in der Praxis eigentlich gar nicht verwendet. Ganz im Gegenteil, es kann sogar komisch sein, einen Fremden oder einen Freund plötzlich mit anata anzureden; das ist einfach nicht üblich.
Viel mehr wird der Begriff ab und an von Leuten verwendet, die ihren Ehepartner bzw. ihre Ehepartnerinnen ansprechen möchten – ähnlich unserem deutschen „Schatz“. Grundsätzlich solltest du daher lieber davon ablassen, das Wort in der Praxis zu verwenden. Als Ausländer wird dir von Japanern zwar sowieso alles verziehen – ein wenig seltsam wäre es aber schon.
Kimi – der ästhetischere Begriff für „du“
Auch kimi wird dir vielleicht schon bekannt vorkommen. Spätestens seit dem Kinoerfolg von kimi no na wa ist der Begriff in aller Munde, auch wenn das Wort eigentlich nicht wirklich alltagstauglich ist.
Bei kimi handelt es sich um eine recht ästhetische Form des Begriffes „du“, das oft in Liedern, Gedichten oder Filmen vorkommt. Kimi ist ein schönes Wort, das auch eine gewisse Form der Romantik mit sich bringt – im Alltag sucht man den Begriff jedoch vergeblich. Ganz im Gegenteil: Redest du als Mann eine Frau in einer Bar mit dem Begriff kimi an, wird dir vermutlich sogar noch vorgeworfen, du würdest dich schamlos an sie ranmachen – du solltest dir deine Wortwahl daher immer gut überlegen!
Begriffe in der Straßensprache
Und das war es noch lange nicht: Vor allem in Videospielen, Anime und Manga haben sich Begriffe wie omae und temae schon vor langer Zeit etabliert. Benutzt du einen der beiden Begriffe, blickst du auf deinen Gesprächspartner von oben herab – es handelt sich hierbei also um abwertende Begriffe, von denen du lieber die Finger lassen solltest.
Darüber hinaus werden auch diese Begriffe trotz der übermäßigen Verwendung in der Popkultur im Alltag nicht wirklich verwendet. Einer von vielen Gründen, warum du Anime nicht als Grundlage für dein Japanisch-Studium verwenden solltest.
Und welcher Begriff verwende ich nun?
Die Antwort auf diese Frage ist sowohl einfach als auch verblüffend zugleich: gar keinen. Trotz der vielen Begriffe für „du“ benutzen Japaner dieses Wort einfach nicht und greifen auf andere Möglichkeiten zurück.
Das Tolle an der japanischen Sprache ist, dass einfach viele Elemente eines Satzes, die im Prinzip überflüssig sind, einfach weggelassen werden. Dazu gehört eben auch Personalpronomen wie „ich“ und „du“. Aus dem Kontext heraus ist nämlich in der Regel sowieso klar, über wen man gerade spricht. In der Praxis sieht das wie folgt aus:
anata wa jikan ga aru no? (あなたは時間があるの?)
Hast du Zeit?
Japaner lassen das „du“ – anata nun einfach weg:
jikan ga aru no? (時間があるの?)
Hast du Zeit? (wortwörtlich: Zeit haben?)
Sollte aus dem Kontext heraus nicht eindeutig sein, von welcher Person die Rede ist, tauschen Japaner das Wort „du“ einfach mit dem Namen des Gesprächspartners aus. Spreche ich also mit Herrn Tanaka und möchte ihn fragen, was er am Wochenende macht, frage ich ihn Folgendes:
tanaka-san wa shûmatu ni nani o shimasu ka? (田中さんは週末に何をしますか?)
Was machst du am Wochenende?
Das mag anfangs vielleicht etwas ungewöhnlich klingen – man gewöhnt sich aber recht schnell an diese Struktur. Problem an der Sache: Man sollte niemals den Namen seines Gesprächspartners vergessen!
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