Während wir uns Tokio als einen riesigen Gebäudekomplex vorstellen, gliedern Japaner ihre Hauptstadt in viele weitere Zonen und Stadtteile. Das Verwaltungssystem ist jedoch ziemlich kompliziert, sodass oftmals nicht mal Japaner selbst das System verstehen.
Wer schon mal in Tokio war, weiß, wie riesig die Stadt wirklich ist. Der komplette Großraum Tokio zählt mittlerweile fast 14 Millionen Menschen und ist flächenmäßig in etwa so groß wie das gesamte Saarland.
Wenn Japaner untereinander reden oder sich beim Kennenlernen selbst vorstellen, sagen sie niemals, dass sie „aus Tokio kommen“. Eine solche Angabe wäre auch viel zu vage und ungenau, wenn man bedenkt, wie riesig die Stadt ist.
Um die Metropole besser zu unterteilen, liest man auf Karten oft die Begriffe ku (区, deu: „Bezirk“), shi (市, deu: „Stadt“; öffentliche Verwaltungseinheit), chō (町; deu: „Stadt“; „Stadtviertel“) und son (村; deu: „Dorf“). Darüber hinaus gibt es auch Orte, die weder ku, noch shi oder einer der anderen Klassifizierungen zuzuordnen sind und bei und am besten mit „Stadtteil“ zu übersetzen sind. So liegt der bekannte Stadtteil Roppongi mit den vielen Clubs und Kneipen z. B. im Bezirk Chiyoda-ku.
In unserer Reihe „Stadtteile in Tokio“ stellen wir die Hauptstadt Japans mit all seinen Facetten genauer vor. In diesem Artikel erfährst du zunächst, wie genau die Millionenmetropole aufgebaut ist und wie das Verwaltungssystem funktioniert.
Großraum Tokio und Stadt Tokio
Bei uns in Europa und auch in Amerika unterteilt man Tokio zunächst in die Kernstadt sowie in den Großraum Tokio. Unter dem Großraum Tokio versteht man alle Bezirke (=ku, 区), die den am dichtest besiedelten Kern der Stadt markieren. Auf der oben abgebildeten Karte ist damit der lila-farbene Bereich auf der rechten Seite gemeint.
Alle Gebiete, die nicht lila markiert sind, fallen unter die Kategorie „Großraum Tokio“. Hierzu zählen die „Städte“ (=shi, 市), die etwas kleineren „Stadtviertel“ (=chō, 町) sowie das etwas abseits gelegenere Hinohara-son (村; Dorf).
Die Verwaltungseinheiten haben etwas mit den Einwohnerzahlen zu tun. So könnte der Ort Shibuya-ku niemals zur Einheit shi werden, da die Einwohnerzahl Shibuya dafür einfach viel zu groß ist. Auf der anderen Seite wäre es aber theoretisch möglich, dass das etwas ländlichere Okutama-chō irgendwann zu Okutama-shi wird, wenn die Einwohnerzahl Okutamas in der Zukunft weiter steigen sollte. Dies wäre jedoch nur eine von vielen Voraussetzungen, da neben der Einwohnerzahl auch noch einige bürokratische Hürden überwunden werden müssten.
Tokio: ein riesiger Komplex
Wenn du noch nie in Japan warst, darfst du dir Tokio nun allerdings nicht als „Bundesland mit vielen Städten“ vorstellen. Trotz der Differenzierung zwischen den vielen Stadtteilen und Verwaltungseinheiten wird die Metropole dir wie ein riesiger Komplex vorkommen. Du wirst überhaupt nicht merken, in welchem der vielen Stadtteilen bzw. Bezirken du gerade bist und bräuchtest eine Karte oder besser noch eine App, um das herauszufinden.
Während man seinen Standort im „Großraum Tokio“ aufgrund der flächenmäßig kleinen Verwaltungseinheiten noch recht einfach herausfinden kann, wird es im östlichen Stadtkern etwas komplizierter.
Befindest du dich z. B. im flächenmäßig kleinen Fuchū-shi, wirst du neben dem „Bahnhof Fuchū“ nicht viele weitere Bahnhöfe finden, sodass du dich dort relativ leicht mit Freunden verabreden kannst. Der Treffpunkt wird recht eindeutig sein, da es eben nicht viele andere Auswahlmöglichkeiten für einen Treffpunkt gibt.
Auch Japaner kennen ihr Verwaltungssystem nicht ganz genau
Triffst du deine Freunde dagegen in Shibuya-ku, wird es kompliziert. Neben dem „Bahnhof Shibuya“ findest du dort nämlich auch weitere Stadtteile wie Ebisu, Hiroo und Yoyogi, die alle einen eigenen Bahnhof besitzen – um nur einen kleinen Bruchteil der vielen Stadtteile zu nennen.
Stadtteile wie Ebisu und Yoyogi haben keine Bezeichnung wie ku oder shi. Es sind beliebte Orte mit eigenen Bahnhof, die verwaltungstechnisch aber eben dem Bezirk Shibuya-ku zugehörig sind. Witzigerweise sprechen Japaner allerdings ausschließlich vom Bahnhof Shibuya, wenn sie den Begriff „Shibuya“ benutzen. Von Ebisu oder Yoyogi ist gar nicht die Rede, obwohl der Bezirk Shibuya streng genommen eigentlich auch die Stadtteile Ebisu und Yoyogi umfasst.
Auch wenn das nun alles ziemlich verwirrend klingt, brauchst du dir gar keine Sorgen machen, dass du dich im Großstadt-Dschungel verlaufen könntest. Selbst die meisten Japaner verstehen ihr Verwaltungssystem nicht hundertprozentig und müssten Wikipedia aufschlagen, um nachzulesen, wie die ganze Nummer mit ku, shi, chō und son nun wirklich funktioniert.
In der Praxis wirst du dich nur an den Namen der Bahnhöfe orientieren, sodass es dir letzten Endes egal sein kann, zu welchem Verwaltungsapparat welcher Stadtteil nun gehört. Mit dem Wissen, wie genau Tokio eigentlich verwaltet wird, wirst du aber sicherlich jeden Japaner beeindrucken können!
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